Mehr Transparenz der Aufsichtsräte in städtischen Beteiligungsgesellschaften

Pro Kierspe geht gegen geheime Rathauspolitik vor. Stadteigene GmbHs sind die Dunkelkammern der Demokratie.

Wichtige Bereiche der Öffentlichen Daseinsvorsorge und der städtischen Pflichtaufgaben wurden in den vergangenen Jahren in Gesellschaften mit kommunaler Beteiligung geändert. Bekanntestes Beispiel in Kierspe ist die Stadtwerke Kierspe GmbH, die früher ein städtischer Eigenbetrieb mit eigenem ("Werks-") Ausschuß war und jetzt ein Enkelunternehmen der Stadt Kierspe ist.

Weil das Gesellschaftsrecht, welches für GmbHs gilt, aber nicht – anders als z.B. das Kommunalrecht – vom Grundsatz der Öffentlichkeit ausgeht, sind die Geschäftspolitik dieser kommunalen Gesellschaften und die Entscheidungen ihrer Aufsichtsräte für die Öffentlichkeit oft nicht transparent, obwohl deren Belange betroffen sind: bei Entscheidungen über Buslinien, Strom-, Gas-, Wasser- und Hallenbadpreise sowie Großprojekte geht es immer um das Geld der Bürger. Aus diesem Grund fordern wir mehr Bürgerbeteiligung statt geheimer Rathauspolitik.

Fakt ist, daß beispielsweise Aufsichtsratsentscheidungen nicht nur für die Bürger oft undurchsichtig bleiben. Gleiches gilt auch für etliche Ratsmitglieder, insbesondere wenn die jeweilige Fraktion keinen Vertreter im Aufsichtsrat hat. Sie sind dann auf das Hörensagen angewiesen. Aber auch wenn Fraktionen Sitze in Aufsichtsräten innehaben, werden den Aufsichtsratsmitgliedern mitunter grundlegende Informationen vorenthalten, sofern sie nicht den Aufsichtsratsvorsitz innehaben.

Wegweisende Gerichtsurteile zur Transparenz in Aufsichtsräten

In diesem Spannungsverhältnis zwischen der "Flucht in das Privatrecht" und der öffentlichen Mitwirkung gibt es zwei wegweisende Gerichtsurteile, die zugunsten der Transparenz entschieden haben. Es handelt sich dabei um ein Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg (Az.: RN 3 K 04.1408) und ein Urteil des Bundesgerichtshofes (Az.: III ZR 294/04):

  • Das Bayerische Verwaltungsgericht Regensburg hatte ein Bürgerbegehren in Passau zugelassen, welches die Beschränkungen der Geheimhaltungspflicht der Aufsichtsratsmitglieder zum Ziel hatte.
  • Der Bundesgerichtshof hat entschieden, daß auch die Betriebe der kommunalen Daseinsvorsorge der Auskunftspflicht nach dem Pressegesetz unterliegen, wenn sie zwar GmbHs sind, aber unter beherrschendem Einfluß der öffentlichen Hand stehen.

In der vorliegenden Urteilsbegründung des VG Regensburg heißt es:

"… Die Organe der kommunalen GmbHs geben rechtlich zwar eigenes, faktisch aber das Geld der Bürger aus (…). Das übertriebene Abschotten der Aufsichtsratstätigkeit kann bei den Bürgern der Kommune zu Mutmaßungen, Verdächtigungen und Argwohn führen. Bürger wollen beispielsweise wissen, wie die Gas-, Strom-, Bus- und Badpreise zustande kommen, warum eine Buslinie eingestellt wird, wie eine Freifläche entwickelt wird, ob und wie hoch eine kommunale GmbH verschuldet ist. Geheimniskrämerei erzeugt Mißtrauen. Demokratie erfordert Transparenz der Entscheidungen …"
(Az.: RN 3 K 04.1408, S. 21)

Und weiter:

"… Aus dem vom Demokratieprinzip bzw. dem Rechtsstaatsprinzip abgeleiteten Öffentlichkeitsprinzip ergibt sich auch bei Privatisierung kommunaler Einrichtungen ein Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit, zumal die Kommune nicht der Verpflichtung unterliegt, ihre wirtschaftlichen Betätigungen vor der Öffentlichkeit möglichst geheim zu halten. Immerhin arbeitet die Kommune mit den Steuergeldern der Bürger …"
(Az.: RN 3 K 04.1408, S. 24 ff.)

Beschlußpraxis der Stadt Kierspe widerspricht dem Informationsfreiheitsgesetz

Desweiteren widerspricht die Beschlußfassungspraxis der Stadt Kierspe dem IFG NRW. Das OVG Münster hat in seinem Urteil vom 19.06.2002 festgestellt (Az.: 21 B 589/02):

"… Nach § 2 Abs. 1 IFG NRW ist das Informationsfreiheitsgesetz auf die Verwaltungstätigkeit öffentlicher Stellen unabhängig davon anzuwenden, ob diese sich bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Handlungsformen bedienen."

Wir wollen keine geheime Rathauspolitik, sondern Transparenz und Bürgernähe 
	im Kiersper Rathaus.

Wir wollen keine geheime Rathauspolitik, sondern Transparenz und Bürgernähe im Kiersper Rathaus.

Nach allgemein gültiger Rechtsauffassung ist es erklärtes Ziel des Informationsfreiheitsgesetzes, die Transparenz und Akzeptanz behördlichen Handelns zu erhöhen sowie das Mitspracherecht und mittelbar auch die Kontrollmöglichkeiten der Bürgerinnen und Bürger in Bezug auf das Handeln staatlicher Organe des Landes zu verbessern. Dieses Ziel würde verfehlt, wenn die öffentlichen Stellen sich darauf zurückziehen könnten, daß sie bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben privatrechtliche Organisations- und Handlungsformen anwenden und deswegen die Transparenz verweigern dürften.

Gegen die in der letzten Ratssitzung im nichtöffentlichen Teil verhandelten Beschlußvorlagen zur Aufstellung eines Nachtrags-, Erfolgs-, Investitions- und Finanzplanes 2009 sowie des Wirtschaftsplanes 2010 der Bäderbetrieb Kierspe GmbH und zur Genehmigung der Beschlüsse des Vertreters der Stadt Kierspe in der Gesellschafterversammlung der Entwicklungsgesellschaft Interkommunales Gewerbegebiet Grünewald mbH haben wir deshalb erhebliche formale Bedenken:

  • Die "Bäderbetrieb Kierspe GmbH" ist eine 100%ige Tochter der Stadt Kierspe.
  • die "Entwicklungsgesellschaft Interkommunales Gewerbegebiet Grünewald mbH" gehört zu je 45% der Stadt Kierspe und der Stadt Meinerzhagen, zu 8% der Sparkasse Kierspe-Meinerzhagen und zu 2% der Gesellschaft zur Wirtschafts- und Strukturförderung im Märkischen Kreis (GWS).

Somit sind beide Urteile zweifelsohne auch auf Kierspe übertragbar und auf die angesprochenen Tagesordnungspunke anzuwenden, d.h. sie sind öffentlich zu verhandeln. Ein entsprechender Antrag unserer Fraktion zu Beginn der Ratssitzung, diese beiden Tagesordnungspunkte öffentlich zu behandeln, wurde auf Betreiben des Bürgermeisters von der Mehrheit der Mitglieder abgelehnt.

Kommunalaufsicht des Märkischen Kreises eingeschaltet

Aus diesem Grund blieb uns nur der Weg, die Kommunalaufsicht des Märkischen Kreises einzuschalten und diese zu bitten, das rechtmäßige Zustandekommen der Beschlüsse zu überprüfen und die sie ggf. aufzuheben.

Wir wollen erreichen, daß alle Sitzungen von GmbHs mit städtischer Beteiligung öffentlich sind. Außerdem wollen wir ein allgemeines Akteneinsichtsrecht für alle Bürger einführen – unter Beachtung des Datenschutzes, so wie es bei den Bundesbehörden bereits praktiziert wird. Die Bürger können dann überprüfen wie sich beispielsweise die Gaspreis-Kalkulation, der Hallenbad-Eintrittspreis oder die Satzung über Beiträge für straßenbaurechtliche Maßnahmen errechnet. Nicht die Bürger sollen begründen müssen, warum sie bestimmte Akten einsehen wollen, sondern die Stadtverwaltung, warum sie diese nicht herausgeben will.

Das ist für uns Bürgernähe und Transparenz!

 


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