Aktualisierung der Niederschlagswassergebühr in Kierspe

FWG: Stadt hat Rechtsgrundlagen nicht beachtet und verstößt gegen Datenschutz.

Im Juni 2018 wurden die Fragebögen zur „Aktualisierung der befestigten Flächen des Kiersper Stadtgebietes zur Veranlagung der Niederschlagswassergebühr“ an die Kiersper Hauseigentümer verschickt.

Das hat für gehörigen Ärger bei den Betroffenen geführt. Für uns Anlaß genug, sich damit eingehend zu beschäftigen:

Die ganze Art und Weise des Anschreibens hat einen sehr hoheitlichen Anstrich und ist überhaupt nicht bürgerfreundlich. Dazu kommt in dem Bericht der Meinerzhagener Zeitung vom 26.06.2018 der latente Unterton mit dem Generalverdacht gegen alle Bürger, sie hätten schon beim letzten Mal nicht die Wahrheit gesagt. Alles in allem: Die ganze Aktion ist nicht sehr vertrauenerweckend und der Stadt Kierspe überhaupt nicht angemessen!

Im Einzelnen kritisieren wir folgendes:

I. Luftbilder

Das OVG NRW hat das angewandte kombinierte Verfahren (Luftbild/Fragebogen) als zweckmäßig anerkannt und gleichzeitig die Kommunen verpflichtet, diese Flächenwerte regelmäßig zu aktualisieren.

A. Datenschutz

Die Datenschutzauflagen innerhalb des Luftbild-Verfahrens sind sehr streng. Alle Eigentümer- und Verbraucherdaten unterliegen dem Datenschutz. Alle beteiligten Dienstleister haben entsprechende Erklärungen zu unterzeichnen. Auch in Kierspe?

Die versendeten Planauszüge sollten immer nur deutlich das jeweils angesprochene Grundstück zeigen. Die nebenstehenden Grundstücke sollten nur skizziert oder ausgegraut dargestellt werden, damit Details für Dritte wie Nachbarn nicht erkennbar sind. Das ist in Kierspe nicht der Fall! Vereinfacht gesagt: man könnte seine Nachbarin zur linken und seinen Nachbarn zur rechten deutlich im Adamskostüm auf dem Liegestuhl erkennen!

Frage: War die Datenschutzbeauftragte der Stadt Kierspe involviert?

Frage: Haben alle beteiligten Dienstleister entsprechende Datenschutzerklärungen unterzeichnet?

Wir werden vorsorglich den Datenschutzbeauftragten des Landes bitten, diesen Vorgang zu prüfen.

B. Zulässigkeit

Am 04.04.2017 wurde die 34. Satzung zur Änderung der Beitrags- und Gebührensatzung zur Entwässerungssatzung der Stadt Kierspe vom Rat einstimmig verabschiedet. Darin enthalten ist erstmalig der § 11 Absatz 2 Satz 3: (Die genannten Daten zur Ermittlung der  befestigten Flächen und der Zuordnung der Adressdaten der Gebührenpflichtigen zu den Grundstücken werden erhoben durch ...) „eine Überfliegung des Stadtgebietes zur Erstellung von Luftbildern der Grundstücke.“

Erst dadurch wurde die Rechtsgrundlage für das Überfliegen der Grundstücke geschaffen. Unverständlich, daß die Rechtsgrundlage im Anschreiben nicht angegeben wurde.

In der Sitzung des Ausschusses für Umwelt und Bauen am 21.03.2017 hat die Stadtverwaltung allerdings mitgeteilt, daß eine Überfliegung bereits in 2016 und somit ohne Rechtsgrundlage stattgefunden hat. Die Frage stellt sich also, ob die Daten aus dieser Überfliegung rechtmäßig sind und überhaupt genutzt werden dürfen.

II. Verwaltungsrechtliche Bedenken

Der fünfte (fett gedruckte) Abschnitt des Anschreibens hat es in sich und widerspricht u.E. allen verwaltungsrechtlichen Grundsätzen!

  • Eine Mitwirkungspflicht der Grundstückseigentümer ist unstrittig und daß die dann neu ermittelten Flächen in Ansatz kommen ist auch klar. Daß aber dann Flächenänderungen nicht mehr möglich sein sollen, ist schlichtweg falsch und willkürlich. Was ist denn, wenn jemand aus Krankheits- oder Urlaubs- oder anderen Gründen die Unterlagen nicht rechtzeitig abgeben kann? Natürlich kommt man jederzeit wieder ins Verfahren! Die neuen Bescheide sind schließlich mit Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen und man kann dagegen klagen!
  • Die pauschale Aussage, daß die alten Bescheide ab 2019 ungültig werden, kann so nicht stehen bleiben. Den jetzigen Regelungen liegen bestandskräftige Veranlagungsbescheide zu Grunde. Die Rechtsgrundlage hat sich nicht geändert. Nach den verwaltungsrechtlichen Regelungen bei der Rücknahme bestandskräftiger Verwaltungsakte muß jeder Bescheid individuell zurückgenommen werden.

III. Fehlerhafte Ermittlungen

Offenbar wurden die Fragebögen seitens des Ingenieurbüros erstellt, ohne zuvor einen Blick in die Selbstauskunft von 2009 zu werfen. Bei vielen Bürgern, die uns angesprochen haben sind die meisten Angaben falsch und weichen sowohl von der Realität als auch von der Selbstauskunft ab. Dazu kommt: es wird grundsätzlich unterstellt, daß alles voll gebührenpflichtig sei.

IV. Fehlerhafte Eigentümer

Bei der Erfassung der Eigentümer korrespondieren diese in vielen Fällen nicht mit den im Grundbuch eingetragenen Eigentümern. Spätestens bei den neuen Veranlagungsbescheiden müssen die korrekten Eigentümer genannt werden. Warum nicht sofort?

Kierspe

V. Spekulation auf ungeprüfte Zustimmung?

Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, daß die Verwaltung darauf spekuliert, daß viele Bürger aufgrund der undurchsichtigen und unverständlichen Fragebögen diese einfach ungeprüft unterschreiben und zurückschicken. Besonders ältere Menschen. Das nennt man Abzocke!

Das alles läßt für uns nur einen Schluß zu, daß diese ganze Aktion erstens so nicht zulässig, zweitens von fehlerhaften Vorgaben ausgeht und drittens sehr bürgerunfreundlich ist. Von der Kosten-Nutzen-Rechnung wollen wir jetzt mal gar nicht reden. Wir denken, daß es sehr gute Gründe gibt, diese Aktion sofort einzustellen und zu überarbeiten, denn es ist nicht geklärt, ob alles rechtmäßig ist. Zumindest gibt es Anhaltspunkte dafür, die Rechtmäßigkeit anzuzweifeln.


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